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Familiäre Hypercholesterinämie – wenn hohe Cholesterinwerte vererbt werden
Hohe Cholesterinwerte können vererbt werden – eine Tatsache, die den meisten Menschen nicht bekannt ist. Doch tatsächlich gibt es Genmutationen (Veränderungen der DNA), die innerhalb einer Familie dazu führen können, dass das LDL-Cholesterin im Körper dauerhaft erhöht ist. Auch wenn die familiäre Hypercholesterinämie zu den häufigsten genetischen Störungen in Deutschland gehört (von ungefähr 300 bis 500 Menschen leidet ein Mensch daran), wird sie bei der Mehrheit der Betroffenen zu spät oder gar nicht diagnostiziert.1 Ein Grund mehr, sich über diese Stoffwechselerkrankung zu informieren. Welche Risiken eine familiäre Hypercholesterinämie (FH) mit sich bringt und wie die Behandlungsmöglichkeiten aussehen, lesen Sie hier.
Die familiäre Hypercholesterinämie (Fettstoffwechselstörung) ist eine vererbbare Erkrankung des Fettstoffwechsels, bei der ein erhöhter LDL-Wert im Blut nachweisbar ist. Die Ursache ist eine Genmutation, welche die Aufnahmestelle (den sogenannten Rezeptor) des LDL-Cholesterins an der Oberfläche der Zellen betrifft.2
Rezeptoren (Andockstellen für das LDL-Cholesterin) sitzen in der schützenden Hülle, die allen Zellen ihre Form gibt – der Zellmembran. Bei gesunden Menschen kann das LDL-Cholesterin an diese Rezeptoren binden, in die Zelle aufgenommen und im Zellinneren abgebaut werden.
Bei Personen, die an einer familiären Hypercholesterinämie leiden, sind diese Rezeptoren defekt oder gar nicht vorhanden. Demnach kann kein LDL-Cholesterin zum Abbau in die Zellen transportiert werden. Der Anteil an LDL-Cholesterin im Blut steigt folglich sehr stark an – Werte von 190 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) oder 4,9 mmol/l (Millimol pro Liter) und höher sind dann möglich.3
Durch den dauerhaft hohen LDL-Cholesterinwert haben Betroffene ein 20-fach erhöhtes Risiko, an Arteriosklerose (Atherosklerose) zu erkranken.4 Im weiteren Krankheitsverlauf sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie zum Beispiel ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall möglich. Im folgenden Video erfahren Sie von einer Expertin wichtige Informationen und Hinweise zur familiären Hypercholesterinämie. Dr. med. Ulrike Schatz arbeitet als Fachärztin für Innere Medizin, Lipidologie und Diabetologie an der Uniklinik Carl Gustav Carus in Dresden.5
Diese Formen der familiären Hypercholesterinämie gibt es
Wie hoch der Cholesterinwert im Blut ist, hängt unter anderem von der Form der familiären Hypercholesterinämie ab. Es wird zwischen zwei Ausprägungen der Fettstoffwechselstörung unterschieden: der homozygoten und heterozygoten Form. Um diese zu verstehen, muss klar sein, dass ein Mensch jedes Gen in zweifacher Ausführung besitzt – eine Kopie stammt vom Vater und eine von der Mutter.1
homozygote FH: Bei diesem Typ wird das Gen, welches für die fehlerhaften Rezeptoren verantwortlich ist, von beiden Elternteilen vererbt. Sie gilt als sehr seltene Form der Krankheit und weist eine Krankheitshäufigkeit (Prävalenz) von 1 : 1.000.000 auf.1 Betroffene haben einen erhöhten LDL-Wert von circa 400 mg/dl bis über 1000 mg/dl (von 10 mmol/l bis über 26 mmol/l) und können daher bereits in jungen Jahren einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden.6
heterozygote FH: Diese Form der familiären Hypercholesterinämie zählt mit einer Prävalenz von 1 : 500 zu den häufigsten genetischen Störungen.7,1 Nur ein Elternteil gibt die Genmutation an den Nachwuchs weiter. Der Cholesterinwert liegt in der Regel zwischen 190 bis 450 mg/dl (4,9 bis 11,6 mmol/l) und auch hier sind ab dem frühen Erwachsenenalter Ablagerungen in den Gefäßen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen möglich.8
Wenn es in Ihrer Familie Personen mit FH gibt oder bereits ungewöhnlich früh Ereignisse wie ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall aufgetreten sind, sollten Sie Ihre Cholesterinwerte beim Arzt checken lassen. Er kann überprüfen, ob bei Ihnen eine genetische Veranlagung für eine familiäre Hypercholesterinämie vorliegt.9
Alles auf einen Blick
In unserer Broschüre zum Ausdrucken finden Sie alle wichtigen Informationen zur familiären Hypercholesterinämie nochmals zusammengefasst. Außerdem können Sie über Tests Ihr Risiko für eine FH eingrenzen.
Wie wird eine familiäre Hypercholesterinämie festgestellt?
Bisher wird leider nur bei einem sehr geringen Anteil der betroffenen Patienten eine FH überhaupt diagnostiziert. Meist wird sie erst aufgrund eines Herzinfarkts in jungen Jahren oder gehäufter Herz-Kreislauf-Ereignisse innerhalb der Familie festgestellt. Deswegen ist es wichtig, mit einem Arzt über die Cholesterinwerte zu sprechen und diese regelmäßig überprüfen zu lassen. Um eine familiäre Hypercholesterinämie (Fettstoffwechselstörung) zu erkennen, führt der Mediziner verschiedene Tests durch. Beispiele hierfür sind:9
Bestimmung desLDL-Cholesterins: Über einen Bluttest kann der Fachmann den Anteil von LDL-Cholesterin am Gesamtcholesterin ermitteln.
Familienanamnese: In einem Gespräch soll abgeklärt werden, ob Familienmitglieder an erhöhten Cholesterinwerten leiden und/oder bereits kardiovaskuläre Erkrankungen bei Verwandten bekannt sind.
Körperliche Untersuchung: Es gibt verschiedene Symptome, unter denen FH-Betroffene leiden können. Dazu zählen Fetteinlagerungen an Fingern und Füßen, Knötchen am Augenlid oder ein blauer Ring um die Iris im Auge.10 Zudem ist häufig eine Verdickung der Achillessehne zu beobachten.
Gentest: Auch über eine Blutabnahme kann ein Gentest im Labor stattfinden, der zeigt, ob eine Genmutation vorliegt.
Wie ist die Prognose bei familiärer Hypercholesterinämie?
Frühzeitig diagnostiziert, können Patienten trotz familiärer Hypercholesterinämie eine normale Lebenserwartung haben.11
Leben mit familiärer Hypercholesterinämie: So wird die Fettstoffwechselstörung behandelt
Die familiäre Hypercholesterinämie ist nicht heilbar. Dennoch ermöglichen ein gesunder Lebensstil und die richtigen Medikamente eine normale Lebenserwartung. Menschen mit FH haben ein sehr hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle, wenn ihre Erkrankung nicht behandelt wird und sollten einen LDL-Wert von unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l) einhalten.12 Hatte ein Betroffener bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall, ist ein Cholesterinwert von unter 55 mg/dl (1,4 mmol/l) anzustreben.13
In erster Linie sollten Sie mit der Diagnose FH an Ihrer Lebensweise arbeiten. Versuchen Sie Ihren Alltag anzupassen:9
Sport: Bewegung ist nicht nur gut für Ihr Gewicht, sondern auch für den Cholesterinwert. Besuchen Sie doch einen Fitnesskurs oder eine Sportgruppe in der Umgebung – gemeinsam macht Sport mehr Spaß.
Gesunde Ernährung: Verzichten Sie weitestgehend auf tierische Fette (zum Beispiel in Fleisch- oder Wurstwaren) und probieren Sie pflanzliche Fette aus. Nüsse, Kohl und pflanzliche Öle sollten auf Ihrem Ernährungsplan stehen.
Verzicht auf Suchtmittel: Raucher hören es vermutlich sehr oft – aber das nicht ohne Grund. Mit dem Rauchen aufzuhören ist ein großer Schritt in die richtige Richtung zum gesunden Herz-Kreislauf-System. Auch Alkohol sollten Sie nur in Maßen genießen.
Patienten mit bestätigter Diagnose einer familiären Hypercholesterinämie sind zusätzlich zu diesen Maßnahmen in jedem Fall auf Medikamente angewiesen, die zum Beispiel die Aufnahme von Cholesterin im Darm hemmen oder die Bildung des Blutfetts im Körper unterdrücken.9
Damit die Behandlung der FH zum Erfolg führen kann, ist es wichtig, die ärztlich empfohlenen Therapiemaßnahmen auch gewissenhaft umzusetzen. Es ist daher sehr empfehlenswert, Arzttermine wahrzunehmen. Bei FH-Patienten untersucht der Spezialist in regelmäßigen Abständen die Blutwerte. Hierbei ist nicht nur der Cholesterinwert interessant, auch andere Organfunktionen wie die der Niere oder Leber gilt es im Auge zu behalten. Durch Beobachtung der Leber- und Nierenwerte kann die Verträglichkeit der Medikamente getestet werden.9
Wie gehen Betroffene mit familiärer Hypercholesterinämie um? Im Video erzählt Ihnen Michael Thom seine Geschichte:
Hohes Cholesterin
Erhöhte Cholesterinwerte können zu schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen.
Die Folgen im Überblick
Nutzen Sie Ihr Antwort-PDF aus dem Risikofragebogen und unseren Merkzettel mit den wichtigsten Fragen für Ihren nächsten Arztbesuch.
Arztbesuch vorbereiten
Klose G, et al. Familial hypercholesterolemia. Developments in diagnosis and treatment. In: Deutsches Ärzteblatt (2014) Nr. 111 S. 523–529.
Knowles JW, et al. Reducing the burden of disease and death from familial hypercholesterolemia A call to action. In: Heart Journal (2014) Nr. 168 S. 807–811.
Klose G, et al. Familial hypercholesterolemia. Developments in diagnosis and treatment. In: Deutsches Ärzteblatt (2014) Nr. 111 S. 523–529.
Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V.: Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen in der Ärztlichen Praxis. URL: https://www.lipid-liga.de/fuer-aertze/empfehlungen#1_3_1 (07.09.2023).
Stock, J. New EAS Consensus Statement on FH: Improving the care of FH patients. In: Atherosclerosis (2013) Nr. 231 S. 69–71. 5
Mach, F., Baigent, C., Catapano, A. L., Koskinas, K. C., Casula, M., Badimon, L., ... & Graham, I. M. 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk The Task Force for the management of dyslipidaemias of the European Society of Cardiology (ESC) and European Atherosclerosis Society (EAS). European Heart Journal.